Aus der aktuellen Ausstellung „Mit Nadel, Stich und Faden durch die Geschichte“ präsentiert ihnen der Historische Verein Eglosheim einen weiteren Ausstellungspunkt.
Sechste Ausstellung „Mit Nadel, Stich und Faden durch die Geschichte“ Eröffnungsbeginn 01.02.2014.
Bis zum Jahr 1830 wurde regulär mit der Hand, Nadel und Faden genäht. Der Beruf des Schneiders war sehr geachtet. Ein geübter Schneider konnte bis zu 30 Stiche in der Minute ausführen. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die ersten Versuche gemacht, die Nähnadel mit der Maschine zu bewegen. Die erste Nähmaschine für Schuhmacher baute der Engländer Thomas Sint bereits 1790. Diese Maschine war aus Holz gefertigt und hatte eine Gabelnadel, einen Vorstecher und eine Hakennadel. Sie nähte damals einen Kettenstich. Erster Hersteller einer fabrikmäßig hergestellten Nähmaschine war 1855 der Amerikaner Isaac Merritt Singer und machte dadurch die Nähmaschinen populär und erschwinglich. Eine weitere Erfindung dieser Firma Singer (The Singer Company, Manufacturing) war 1856 der „Verkauf auf Abzahlung“, der heutigen Ratenzahlung.
Eines der schönsten Ausstellungsstücke ist die im Foto gezeigte Stella Nähmaschine. Diese auf einem Gussmetall- Gestell stehenden Maschine wurde um 1920 von Clemens Müller, Dresden produziert. Die Aufschrift „Otto Hoffmeister Ludwigsburg“ lässt sich wie folgt nachvollziehen: Der Ludwigsburger Otto Hoffmeister (1851 -1925) war gelernter Mechaniker. Er betrieb ab 1878 ein Geschäft für Nähmaschinen und Fahrräder am Ludwigsburger Kaffeeberg. Vermutlich lies Otto Hoffmeister diese reich verzierte Nähmaschine exclusiv für seine Firma herstellen. Hoffmeister war mit Ludwigsburg sehr verbunden: als Gemeinderat, Landtagsabgeortneter, Vorstand im Männerturnverein, Ehrenmitglied der deutschen Turnerschaft, Vorstand des Männergesangsverein, der Bürgerschaft und dem Fremdenverkehrsverein. Verfasser mehrere Festspiele, Feuerwehrkommandant von 1897-1914 und er wurde 1921 Ehrenbürger von Ludwigsburg.
Das Foto aus dem Eglosheimer Gefangenenlager zeigt die Schneiderwerkstatt. Die Schneider aus verschiedenen Nationen fertigten und flickten die Uniformen und andere Kleidungsstücke. Im Schneidersitz wurden die Handarbeiten ausgführt. Das Gefangenenlager wurde 1914 auf dem ehemaligen Exerzierplatz gebaut.
Ingesammt wurden 14 Wohnbaracken aus Holz, jeweils 42 Meter lang und 19 Meter breit, sowie Verwaltungsgebäude, Toiletten, Waschräume und ein Kohlenschuppen aufgebaut. Heute steht auf dem selben Gelände die Hirschbergsiedlung.
Anfang des Jahres 1915 waren 1278 Gefangene untergebracht. Gegen Ende des 1. Weltkrieges waren es bis zu 8000 Gefangene aus verschiedenen Ländern. Franzosen, französische Kolonialsoldaten, englische, rumänische, russische und italienische Soldaten lebten dort zusammen. Das Lager war wie eine kleine Stadt ausgestattet.
So arbeiteten die Gefangenen gegen einen geringen Arbeitslohn in den lagereigenen Einrichtungen wie Bäckerei, Schneiderei, Küche, Schuhmacherei, Werkstatt für Flechtwaren, Postamt und mechanische Werkstatt. Sogar für die Künstler unter den Gefangenen war ein Atelier eingerichtet. Bis zu 400 Gefangene arbeiteten als Freigänger außerhalb des Lagers, hauptsächlich bei den Bauern und Bauunternehmen wo sie gut behandelt und geschätzt wurden.
Thomas Seyfang - Qellen: Rudolf Koch, Gerda und Hans Lillich, LKZ Bericht aus Sept. 2014
Ausgabe September 2020