Geschichtsfenster im Rathaus Eglosheim
“Das in baulicher sowie orts- und ortsbaugeschichtlicher Hinsicht bedeutsame Rathaus ist ein Kulturdenkmal aus wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen”.
In der Tat sind im ehemaligen Eglosheimer Rathaus viele baulichen Merkmale erhalten geblieben, die nach dem Abriss oder Umbau vieler älteren Bauten heute als seltene und erhaltenswerte Beispiele historischer Baupraxis in unserer Gegend gelten.
Daher wurden auf Anraten von Dr. Bongartz von der Denkmalpflege Baden-Württemberg an mehreren Stellen so genannte “Geschichtsfenster” angelegt, die in die damals übliche Bauweise Einblick geben.
Lehmwickeldecke:
Die Lehmwickel sind eine hierzulande übliche historische Deckenfüllung zur Schall- und Wärmedämmung. Holzstacken wurden mit einem Lehm- und Langstrohgemisch umwickelt und auf seitlich an die Balken genagelte Holzlatten gelegt.
Nach ihrem Einbau wurden die Lehmwickel mit einer putzähnlichen Lehmschicht verstrichen.
Eglosheimer Bollen:
Aus dem Mäurach-Steinbruch - zwischen Monrepos und Eglosheim gelegen - stammen diese grob behauenen Steine. Im Volksmund werden sie bis heute “Eglosheimer Bollen” genannt.
Es ist wahrscheinlich, dass beim Umbau des Rathauses 1873/74 die “Eglosheimer Bollen” eingesetzt wurden.
Bohlen-Balken-Decke
In dem Deckenausschnitt sieht man eine aus der Bauzeit des Hauses stammende, also mindestens 300 Jahre alte so genannte Bohlen-Balken-Decke: In engem Abstand gesetzte Balken wurden seitlich eingenutet und in diese Nuten wurden breite Bretter eingeschoben.
Bohlen-Balken-Decke (von oben)
Man sieht hier die Decke der ehemaligen Ratsstube, befreit von der historischen Wärmedämm-Schicht (Spreu) und der aktuellen Wäremdämmung aus Steinwolle. Die Balken liegen doppelt so dicht wie bei einer gewöhnlichen Holzbalkendecke.
Floßaugen
Im 17. Jahrhundert kam das Holz per Floß auf dem Neckar nach Ludwigsburg. Um die Balken zu einem Floß zu verbinden, musste eine dreieckige Vertiefung mit einem durchgebohrten Loch versehen und ausgehauen werden.
Diese Vertiefungen - Floßaugen genannt - wurden zuerst im alten Dachstuhl an den Kehlbalken und Längspfetten entdeckt.
Seitdem die zum Dachstuhl hinauf führende Block- bzw. Keilstufen-Treppe freigelegt worden ist, kann man solche Floßaugen auch dort an mehreren Stellen sehen.
Block- oder Keilstufen-Treppe
Die Block- oder Keilstufen-Treppe, die zum Dachraum hinauf führt, stammt noch aus der ersten Bauzeit des Rathauses. Sie lässt sich als “Urtyp einer Treppe” begreifen, denn sie ist mit ihren zwei Tragbalken und den quer aufgenagelten Stufen eigentlich mit einer hölzernen Leiter vergleichbar.
Nur wurden die massiven “Leitersprossen” als massive Block-stufen ausgebildet, die fast ohne Abstände mit Eisennägeln auf den beiden Trägerbalken befestigt wurden.
Die Bodentreppe war im 19. Jahrhundert mit Brettern mit schmalen Deckleisten verschalt; sie wurde erst bei den Sanierungsarbeiten wiederentdeckt und als vorzeigewürdiges historisches Einzelstück sichbar gemacht.